Berlin · Der beliebteste Wein, die wichtigsten Rebsorten, der beste Preis: Willkommen in der Welt der edlen Tropfen. Mit diesem Überblick meistern Sie sowohl den Einkauf als auch die nächste Experten-Runde.
Zum echten Weinkenner wird man durch Wissen und Probieren.
Um guten Wein genießen zu können, braucht es Expertentipps. Profitieren Sie von den wichtigsten Fragen und Antworten einer Sommelière.
Der Weindurst der Deutschen ist seit 20 Jahren stabil. Hier sind einige interessante Fakten dazu:
Wo trinken die Deutschen ihren Wein am liebsten?
Welche Weinart ist in Deutschland am beliebtesten?
2. Was sind die wichtigsten Unterschiede zwischen den Weinarten?
Klar, Rotwein wird aus roten Trauben gemacht, Weißwein aus weißen. Wichtiger für den Geschmack ist aber die unterschiedliche Herstellung:
Europäische Rosés sind „Weißweine mit falscher Farbe“, wie Jens Priewe in seinem Standardwerk „Wein. Die große Schule“ schreibt. Sie werden aus roten Trauben gewonnen, deren Saft aber nur wenige Stunden Kontakt mit den Schalen hat. Dadurch löst sich rote Farbe, aber kein Tannin.
Die Maische wird dabei meist ohne Chemie und technische Hilfsmittel spontan vergoren, oft in einer Tonamphore wie in Georgien.
Meist sind Orange Wines zugleich Naturweine, sie werden also weder geklärt noch gefiltert. So erhalten sie eine trübe, goldgelbe bis orange Farbe - und überraschende Aromen.
Gewusst? Europäische Rosés sind «Weißweine mit falscher Farbe».
„Orange Wine ist gezieltes Nichtstun“, sagt Peer Holm, der Präsident der Sommelier-Union Deutschland Jens Priewe nennt ihn den „Gegenentwurf beseelter Naturwinzer zur Hightech-Önologie von heute“.
Orange Wine ist keine gesetzliche Kategorie. Der Begriff kann, muss aber nicht auf dem Etikett stehen.
Silvio Nitzsche, vom Weinmagazin Falstaff zum Sommelier des Jahres 2021 gekürt, empfiehlt Neugierigen, sich in einer Weinhandlung beraten zu lassen. „Orange Wines sind meist individuelle, handwerklich bereitete Weine“, sagt er. „Im Supermarkt stehen sie selten.“
Gut zu wissen: Die Farbe eines Weins sagt übrigens nichts über seine Qualität aus, sondern über das Alter. Weißwein wird mit der Zeit dunkler, Rotwein heller.
Viele Weine tragen eine Geschmacksangabe auf dem Etikett:
Entscheidend für die Einordnung ist der Restzucker:
4. Wer hat den Wein erfunden?
Als Wiege des Weinbaus gilt der südliche Kaukasus. Schon vor 8000 Jahren vergoren Menschen im heutigen Georgien Weintrauben in Tonkrügen.
In China allerdings fanden Forscher Reste eines fermentierten Getränks aus Weintrauben, Reis und Honig, die noch mal 1000 Jahre älter sind.
In der Antike verbreiteten die Griechen den Weinbau in ihren Kolonien rings um das Mittelmeer. Die Insel Chios avancierte zum Bordeaux der griechischen Welt, Frachtschiffe brachten das Kultgetränk für Siegesfeiern und religiöse Feste bis nach Ägypten und Russland. Oft wurden die dünnen Tropfen mit Gewürzen und Honig aufgepeppt - oder mit Meerwasser gestreckt.
Zum gesamteuropäischen Kulturgut machten den Wein schließlich die Römer. Sie exportierten ihren Falerner in alle Winkel des Imperiums und ließen an Rhône, Mosel und Donau Rebstöcke pflanzen.
Schon gewusst? Rotweine waren lange Zeit eher Rosés, denn die Maischegärung wurde erst im 17. Jahrhundert erfunden.
Weinreben brauchen viel Sonne - mindestens 1600 Sonnenstunden pro Jahr - und gemäßigte Temperaturen.
Deshalb wachsen sie vor allem im „Weltrebengürtel“ - der verläuft ...
Gut zu wissen: Durch den Klimawandel habe sich dieser Gürtel allerdings bereits 300 Kilometer in Richtung der Pole verschoben, erklärt Ernst Büscher, der Sprecher des Deutschen Weininstituts (DWI). „Dänen, Schweden, Polen und Niederländer beginnen mit dem Weinbau.“
Und in England, wo es die gleichen Kalkböden wie in der Champagne gibt, herrscht Goldgräberstimmung. Dort stampfen Hedgefonds-Manager gerade Châteaux aus dem Boden, so Büscher weiter.
In heißen Ländern wie Australien dagegen verlagert sich der Weinbau zunehmend in kühlere Regionen. Denn dort verlieren die Reben während ihrer Reife weniger Säure, die Weißweinen ihre Frische und Rotweinen ihre Fruchtaromen verleiht.
„Je länger eine Rebsorte reifen kann, desto komplexer und vielschichtiger wird sie“, sagt Natalie Lumpp. Die Weine würden so leichter und eleganter.
Umgekehrt gelte: „Je wärmer die Region, desto üppiger wird der Wein.“
Was sind die bedeutendsten Weinländer?
Den globalen Weinmarkt dominieren die traditionsreichen Weinnationen Europas:
Italien trifft mit seinen 330 einheimischen Rebsorten Geschmack und Lebensgefühl vieler Urlauber und Weinliebhaber weltweit.
Frankreich sei „der große Lehrmeister des modernen Weins“, schreibt Jens Priewe.
In Spanien haben junge Winzer seit den 1980ern die Weinproduktion modernisiert, ihre Riojas haben heute wieder Spitzenqualität.
Dahinter aber folgen schon die neuen Stars aus Übersee:
Gut zu wissen: Deutschland belegt nach Hektolitern den neunten Platz in der Produktion.
Zusammen mit ihren Kollegen aus Österreich hätten deutsche Winzer aber in den letzten Jahrzehnten den größten Qualitätssprung gemacht, sagt Silvio Nitzsche.
Schon gewusst? „Unter den teuersten 50 Weißweinen sind heute 30 Prozent deutscher Riesling“, sagt Nitzsche. „Wir gehören heute wieder zum absoluten Kult - und das in 20 Jahren nach der Liebfrauenmilch“, einem lieblichen Weißwein, der oft in Kartons im Supermarkt verkauft wird.
Weltweit wachsen rund 4500 Rebsorten, aus rund 2500 wird Wein produziert.
„Aber 20 Rebsorten machen 98 Prozent der Produktion aus“, sagt Silvio Nitzsche. Denn diese globalen Standardsorten sind einfach anzubauen und profitabel.
Die am meisten angebauten Rebsorten sind:
Die Spitzenreiter in Deutschland sind:
Warum werden verschiedene Rebsorten miteinander verschnitten?
Die Franzosen nennen den Mix mehrerer Rebsorten Cuvée oder Assemblage, die Deutschen haben ein weniger wohlklingendes Wort: Verschnitt.
„In Deutschland waren Cuvées lange verrufen, man hielt das Reinsortige hoch“, sagt Ernst Büscher. „Verschneiden wurde oft mit Panschen verwechselt, vielleicht wegen des Glykol-Skandals in den 80ern.“
Gut zu wissen: Damals versetzten österreichische Winzer ihre Weine mit dem giftigen Diethylenglycol. Das ist freilich grundfalsch. Denn viele der edelsten Weine der Welt sind Cuvées: die berühmten Bordeaux.
Sie zeigen beispielhaft die Vorzüge der Jahrhunderte alten Tradition der Cuvées: Der raue, sperrige Cabernet Sauvignon harmoniere prächtig mit dem weichen Merlot, erklärt der Weinblogger Felix Bodmann, Gründer der Webweinschule. Dazu kommt meist noch der würzige, ätherische Cabernet Franc.
„Bei einem Cuvée wird aus eins und eins schon mal drei“, sagt Büscher. Je nach Jahrgang kann der Kellermeister zudem die Anteile verschieben und so das Beste herauskitzeln. Das Gleiche gilt für Weißweine.
So kombinieren die Winzer des Bordelais den frischen Sauvignon Blanc mit dem cremigen, im Holzfass gereiften Semillon. Und auch Weißburgunder und Chardonnay werden seit einigen Jahren zunehmend gepaart.
Laien wundern (oder mokieren) sich oft über die floralen oder vegetabilen Noten, den Hauch von Pflaume, Brennnessel und abgehangenem Fleisch oder den mineralischen Abgang, den Weinkenner ihren guten Tropfen andichten.
Tatsächlich aber haben Wissenschaftler rund 800 verschiedene Aromen im Wein identifiziert, die sich eben nur über solche Assoziationen beschreiben lassen. Und wären ihre Messgeräte feiner, fänden die Önologen, also Wein-Wissenschaftler, wahrscheinlich noch wesentlich mehr, schreibt Jens Priewe.
Grundsätzlich lassen sich all diese Geschmäcker und Gerüche in drei Kategorien einteilen:
Je nach Rebsorte, Boden und Klima können die Aromen sehr unterschiedlich sein:
Tipp: Eine Hilfe beim Bestimmen des Weingeschmacks ist das Aromarad, das kalifornische Önologen in den 1980ern entwickelt haben. Es ordnet Aromen mehrstufig in Kategorien ein, zum Beispiel blumig, würzig, nussig oder balsamisch. Mittlerweile gibt es spezielle Aromaräder für Rotwein oder Weißwein.
In puncto Wein sind die Deutschen - wie so oft - Schnäppchenjäger:
Farbe und Aroma eines Weins beeinflussen den Geschmack.
Günstige Weine sind nicht per se minderwertig.
4 bis 5 Euro: Für vier bis fünf Euro bekomme man im Weingut einen „ordentlichen Zechwein“, sagt Holger Schwarz, Inhaber der Weinhandlung Viniculture in Berlin. Und: „Die Qualitäten im Supermarkt sind mittlerweile durchaus ansprechend“, sagt Silvio Nitzsche. „Aber man sollte wissen, dass Wein unter sieben Euro nicht ethisch produzierbar ist.“
10 bis 30 Euro: Im Wein stecken vom Anbinden und Zuschneiden über die Lese und Gärung bis zum Ausbau im Holzfass viele Arbeitsschritte, die gerade für Familien-Weingüter in Steillagen oft nur per Hand machbar sind. Für 10 bis 30 Euro erhalte der Kunde „anständigen Wein“, sagt Nitzsche.
30 bis 70 Euro: Für 30 bis 70 Euro bekommen Käufer einen „sehr guten“ und darüber „Spitzenwein“.
Tipp: Direkt im Weingut ließen sich auch für sieben oder acht Euro gute, nachhaltig produzierte Weine kaufen, sagt Marc Almert, der 2019 als zweiter Deutscher die Weltmeisterschaft der Sommeliers gewann. „Aber wenn im Supermarkt ein Wein aus Übersee für sechs Euro im Regal steht, können nicht alle anständig bezahlt worden sein.“
Das Kauderwelsch auf Weinflaschen ist für viele verwirrend. Italienische Winzer drucken die Rebsorten aufs Etikett, Franzosen die Appellation, also die Herkunft. Und statt dem verpönten „halbtrocken“ ist heute oft „feinherb“ zu lesen. Dazu kommen jede Menge Abkürzungen.
Hilfreich ist es deshalb, erst mal die Flasche zu drehen. Denn auf dem Etikett auf der Rückseite sind gesetzlich vorgeschriebene Angaben wie Alkoholgehalt und Qualitätsstufe nachzulesen.
Diese bemisst sich bisher aber nach dem Zuckergehalt - und der ist in Zeiten des Klimawandels, da alle Trauben reif werden und Winzer den Zucker eher gering halten wollen, als Kriterium obsolet.
Beim Reifen des Weins im Holzfass bilden sich Tertiäraromen.
Gut zu wissen: Mit dem neuen Weingesetz gelten deshalb spätestens ab dem Jahrgang 2026 andere Regeln. Künftig gilt der gleiche Grundsatz wie in Frankreich oder Spanien: Je enger gefasst die Herkunft, desto höher die Qualität.
Die Pyramide reicht also vom „Deutschen Wein“ über den „Badischen Wein“ bis zum Ortswein aus Oberbergen am Kaiserstuhl und zur „Oberbergener Baßgeige“, also der genauen Lage.
Gerade im Spitzensegment ändert sich dadurch allerdings wenig: Bei Topwinzern ist es schon lange gängige Praxis, Ort und Lage auszuweisen.
In den meisten Weinflaschen steckt bis heute ein Korken. Dafür sprechen folgende Punkte:
Aber: „Es hat seinen Preis - und der ist hoch.“ Denn trotz aller Verbesserungen verursachen manche Naturpfropfen den berüchtigten Korkfehler.
Ress hat deshalb schon 2012 seine gesamte Produktion auf Schraubverschlüsse umgestellt.
„Rein technisch ist das ein hervorragender Verschluss“, sagt er. Das negative Image des Schraubers stamme von Billigweinen, aber es relativiere sich immer mehr. Peer Holm stimmt dem zu.
„Ein Schraubverschluss ist perfekt für Weine, die ich in den ersten sechs Jahren trinke“, sagt der Präsident der Sommelier-Union. „Ich kann ihn einfach zudrehen und in den Kühlschrank legen.“
In puncto Qualität spielt der Verschluss damit für den normalen Weintrinker keine Rolle. Denn „90 Prozent aller Weine werden im ersten Jahr getrunken“, sagt Sommelier Silvio Nitzsche.
Das Holz verleiht dem Wein zusätzliches Tannin.
Die meisten Fässer sind aus Eiche gebaut, manche Winzer arbeiten heute aber mit Akazienfässern. Entscheidend ist, dass das Holz feinporig ist.
Schon gewusst? Ein Barrique fasst 225 Liter - und ist teuer, genauso wie die klimatisierten Keller. Besonders Winzer in Übersee setzen deshalb auf wesentlich günstigere und schnellere Alternativen.
Sie hängen Eichenholzchips in Netzbeuteln in die Stahltanks. Oder sie lassen einen Ring aus Eichenholzbrettern in die Tanks bauen, sogenannte Staves.
„Rein geschmacklich gibt es keinen Unterschied“, sagt Anja Schröder, die in Berlin die Fachhandlung „Planet Wein“ betreibt. Aber im Holzfass passiere doch eine andere Mikro-Oxidation.
„Die Holzaromatik wirkt aufgesetzt“, sagt hingegen Winzer Andreas Slepitzka, der in München Weinseminare gibt.
Und für Jens Priewe sind diese Innovationen gar „organisierte Konsumententäuschung. Denn das künstliche Aroma hält nicht lange an.“
Der normale Weintrinker dürfte diese feinen Unterschiede freilich kaum bemerken.