Viel Konsum an Silvester: Noch hält die Sektlaune an

2023-01-05 15:36:57 By : Mr. Beck peng

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Eine Sektflasche an Silvester auf dem Friedberger Platz in Frankfurt Bild: Michael Braunschädel

Ausgerechnet teure Sekte stehen hoch im Kurs. In Schwaben ist eine Kellerei nicht mehr lieferfähig. Wie wirkt sich die Inflation auf den Sektkonsum aus?

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D as Jahr beginnt nicht eben prickelnd. Zumindest nicht für die nach eigener Einschätzung älteste Sektkellerei Deutschlands, Kessler aus Esslingen bei Stuttgart. Sie kann derzeit viele Produkte nicht liefern und schließt deshalb auch einige ihre Läden und Bars. Grund dafür ist nach Angaben des Unternehmens die Trinklaune der Schwaben. Kessler sieht eine „überwältigende Nachfrage“, die die Engpässe ausgelöst habe. Weil die „Herstellungsmethoden sehr zeitintensiv und unsere Qualitätsansprüche nach wie vor kompromisslos“ seien, könne man nicht kurzfristig reagieren. Hinzukommt eine Krankheitswelle, wie ein Kessler-Sprecher der „Esslinger Zeitung“ sagte.

Ein paar Tage wird man in Schwaben nun auf dem Trockenen sitzen, im Laufe der dritten Januarwoche will Kessler wieder lieferfähig sein. Kessler ist knapp 200 Jahre alt und damit sehr traditionsreich, ist aber auch sehr klein. 35 Mitarbeiter arbeiten in Esslingen für das Unternehmen.

Den Trend bestätigen jedoch die Großen: Noch hat die Inflation den Sektkonsum nicht gebremst. Der Verband Deutscher Sektkellereien, der nach eigenen Angaben 95 Prozent der deutschen Sektproduktion repräsentiert, meldete für die ersten elf Monate ein Absatzplus von 2,4 Prozent auf 208 Millionen Flaschen. Der Umsatz dürfte wegen der Kostensteigerungen sogar noch höher ausgefallen sein.

Im wichtigen Jahresendgeschäft, das nach Verbandsangaben für fast ein Viertel des Jahresumsatzes steht, erwarten die Hersteller trotz Inflation keine Bremsspuren. Zahlen dazu gebe es zwar noch nicht, aber „wir gehen von einer stabilen Sekt-Nachfrage für das Weihnachts- und Silvestergeschäft aus“, schreibt Verbandsgeschäftsführer Alexander Tacer auf Anfrage der F.A.Z.

Mit einem Durchschnittskonsum von 3,2 Litern Sekt und Perlwein im Jahr gelten die Deutschen als internationaler Spitzenreiter. 2022 profitierten die Hersteller von der Wiederbelebung der Gastronomie und dem Neustart der Kulturveranstaltungen. Im Sommer konnten die Gaststätten größtenteils ohne Einschränkungen öffnen. Während der Corona-Zeit hat sich ausgerechnet teurer Sekt gut verkauft und daran hat sich offenbar noch nichts Grundlegendes geändert. Der Trend zu gehobeneren Qualitäten setze sich fort, im letzten Quartal seien allerdings Inflation und rohstoffbedingten Preiserhöhungen zunehmen zu spüren gewesen, schreibt Vorstandschef Andreas Brokemper von Henkell Freixenet . Die Kellerei aus Wiesbaden versteht sich als weltgrößter Hersteller von Sekt.

Trotz des „multiplen Krisenumfeldes“ liege Premium weiter im Trend, wenn auch mit einem etwas kleineren Wachstum als im Vorjahr, heißt es vom deutschen Marktführer Rotkäppchen-Mumm aus Freyburg. Nach dessen Angaben stammt mehr als jede dritte verkaufte Flasche Sekt in Deutschland von der Marke „Rotkäppchen“, zugleich vertreibt das Unternehmen aber auch höherpreisige Sekte der Marke Geldermann.

Deutlich verhaltenere Töne stößt nur Schloss-Wachenheim an. Das Trierer Unternehmen ist bekannt für sein günstigen „Faber“-Sekte. Vorstandssprecher Oliver Gloden berichtet auf F.A.Z-Nachfrage von extremen Preissteigerungen bei allen Rohstoffen für Wein der Ernte 2021, Glas, Energie, Logistik, Aluminium, Papier, Holz, Zucker – alles habe sich verteuert. Wegen der „unumgänglichen Weitergabe der Kosten“ hätten die Marken von Schloss Wachenheim „empfindliche psychologische Preisschwellen“ überschritten, was sich unmittelbar auf den Absatz ausgewirkt habe.

Sekt sei im Jahresendgeschäft zudem ein wichtiger „Frequenzbringer“ des Handels. Deshalb habe man in den letzten beiden Wochen wieder „extrem rabattierte Angebote“ gesehen, die nach Glodens Worten weder nachvollziehbar „noch darstellbar“ seien.

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Wie sich die Inflation langfristig auf den Sektkonsum auswirkt, darüber gehen die Meinungen auseinander. „Faber“-Hersteller Schloss Wachenheim schreibt, seit Mitte des vergangen Jahres sei wieder eine Tendenz in Richtung der (günstigeren) Handelsmarken festzustellen. Rotkäppchen-Mumm hingegen setzt darauf, dass Kunden, die ohnehin zu höherpreisigen Produkten greifen, wegen ihres verhältnismäßig hohen Einkommens auch weniger stark von der Inflation betroffen sei. Der Herstellerverband jedenfalls beschwichtigt: Engpässe wie beim schwäbischen Traditionshaus Kessler gebe es angesichts der Vielfalt der deutschen Sekthäuser nicht.

Ein Profiteur der Sekt-Konsums ist seit mehr als 100 Jahren auch der Staat. 1902 zur Finanzierung der Kriegsflotte hatte Kaiser Wilhelm II einst die Sektsteuer eingeführt. Die Flotte ist längst Geschichte, die Sektsteuer nicht. 1,02 Euro pro Flasche beträgt sie aktuell.

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Noch hält die Sektlaune an

Ausgerechnet teure Sekte stehen hoch im Kurs. In Schwaben ist eine Kellerei nicht mehr lieferfähig. Wie wirkt sich die Inflation auf den Sektkonsum aus?

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