Mitten in der Pandemie haben sich zwei junge Ötztaler ihren Traum erfüllt und eine Brauerei gegründet. Seitdem füllen sie in Sölden ihr „Sölsch“ in Aluminiumflaschen ab. Das ärgert einige Brauereien in Deutschland und sorgte dort für ein Verkaufsverbot.
Knapp etwas mehr als 100 Liter Bier trank jede Österreicherin und jeder Österreicher durchschnittlich im vergangenen Jahr. Diese Menge reichte europaweit hinter Tschechien und vor Deutschland für den zweiten Platz. Der mengenmäßige Rückgang setzte sich damit jedoch weiter fort.
Geschlossene Gastronomiebetriebe und Hotels macht Florian Schmisl primär für den Rückgang des Bierkonsums in Tirol verantwortlich. Der Ötztaler war lange Zeit als Koch tätig, er wollte sich jedoch seinen lange gehegten Traum in Form einer eigenen Brauerei erfüllen. Das Bierbrauen lernte Schmisl im zweiten Bildungsweg bei der Brauerei Schloss Starkenberg, 2020 gründete er mit seinem Cousin in Sölden die „Bäckelar Brewery“.
Dass sie die Brauerei während der Pandemie gründeten, sei ein großes Risiko gewesen, gibt Schmisl zu. Allerdings hätten er und sein Cousin dies jahrelang dies geplant und entschieden, den Schritt zu machen. Im Nachhinein sei er froh, dass sie das damals gemacht hätten, denn angesichts der mittlerweile stark gestiegenen Baukosten, wäre dies jetzt unfinanzierbar.
Seit Herbst 2020 wird in Sölden das „Sölsch“ nach dem bayerischen Reinheitsgebot gebraut – ein obergäriges, unfiltriertes Bier mit einer leicht süßliche Note, da er als Braumeister Karamellmalz verwendet. Der Name des Biers – „Sölsch“ setze sich aus dem Ort, wo es gebraut werde, Sölden, und den Anfangsbuchstaben seines Nachnamens – Schmisl – zusammen.
Aus Sicht des Kölner Brauerei-Verbandes verstößt der Name des Tiroler Biers jedoch gegen Markenrecht, weil es dem Wort „Kölsch“ zu ähnlich ist. Zudem verbiete die Kölsch-Konvention, das Bier außerhalb von Köln beziehungsweise weniger Orte im Umland zu brauen. Dieser Argumentation folgte vor kurzem das Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz in Nordrhein-Westfalen und untersagte den Tirolern den Vertrieb ihres Bieres.
Schmisl bezeichnet dies jedoch als perfekte Gratis-Werbung für die junge Biermarke, da viele deutsche Zeitungen und Journale darüber berichten würden. Derzeit verkaufe er über den Online-Shop jährlich etwa 2.500 Flaschen nach Deutschland, sagt der Brauer. Auffallend sei jedoch, dass nun viele Deutsche vor ihrer Rückkehr in ihre Heimat noch in Sölden zur Brauerei fahren um dort Bier zu kaufen, zeigt sich der Bierbauer erfreut.
Er und sein Geschäftspartner hätten sich aus mehreren Gründen für die Flasche aus Aluminium entschieden, sagt Schmisl. Einerseits habe seine Brauerei so ein Alleinstellungsmerkmal, andererseits schmecke das Bier so unverfälschter und die Aluminium-Flasche, die am Comer See in Italien produziert werde, sei auch aus ökologischer Sicht besser als Glasflaschen. Zudem sei sie auch leichter, nannte Schmisl ein weiteres Argument, warum sich die Ötztaler für die Verwendung der Flasche aus Alu entschieden hatten.
Große Probleme bereiten den Bierbrauern die gestiegenen Rohstoffkosten. „Wir haben im September für die Tonne Malz 420 Euro gezahlt, im Januar waren wir schon bei 620, und jetzt aktuell haben wir bei 650 Euro – ein Plus von mehr als 50 Prozent“, so Schmisl. Gleiches gelte für Gas, Wasser, Abwasser oder Strom. Auch der Einkauf der Aluminiumflasche sei mittlerweile um 33 Prozent teurer.
Unter gestiegenen Kosten würden jedoch alle 31 Tiroler Brauereien leiden, erklärte Frank-Jürgen Hess, Sprecher der Tiroler Lebensmittelindustrie. Die meisten Rohstoffe seien jedoch noch ausreichend vorhanden. Allerdings würden sich bei Verpackungsmaterialien erste Verknappungen abzeichnen. Vor allem Etiketten seien ein besonders gefragtes Gut, so Hess. Einige Papierfabriken hätten aufgrund der hohen Energiepreise die Produktion gedrosselt oder eingestellt.
Im Vorjahr, dem ersten vollen Jahr ihres Bestehens, füllten die Sölder etwa 400.000 Flaschen ab. Davon seien rund 300.000 verkauft worden, der Rest sei verschenkt worden, sagt Florian Schmisl. „Wenn die Brauerei voll läuft, können wir pro Jahr 8.000 Hektoliter produzieren, das sind etwa 2,5 Millionen Flaschen.“
Dass ihr Bier im Geschäft deutlich teurer als das von großen Brauereien ist, würde die Kunden nicht abschrecken, glaubt Schmisl. „Bei den Preisschlachten können wir gar nicht mithalten. Bei uns kostet allein das Gebinde schon so viel, wie andere Brauereien für ihr Bier im Geschäft verlangen.“
Spätestens seit der Pandemie sei Regionalität in aller Munde. Wenn jemand vielleicht nur ein oder zwei Bier in der Woche trinke, dann möchte er etwas Unbehandeltes, etwas Reines trinken, sagt Schmisl. Dieses Getränk müsse qualitativ hochwertig sein und dürfe auch etwas mehr kosten.
Ähnlich sieht das Hess. Er teilt die Einschätzung, dass Kunden für Regionalität, Qualität und einen besonderen Geschmack bereit sind, mehr Geld auszugeben.
Die Sölder Bierbrauer tüfteln laufend an neuen Geschmacksrichtungen. Noch heuer wollen sie ein Bockbier auf den Markt bringen, nächstes Jahr soll es auch einen Radler geben. Unverändert bleiben soll die auffällige Aluminiumflasche.
Christoph Praxmarer, tirol.ORF.at